Bildschirmtechnologie der Zukunft: Wird sich Micro LED in den nächsten 5 Jahren als Standard durchsetzen? (Stand 2024)

Samsung Micro LED Header (© Samsung)

Die Entwicklung von Bildschirmtechnologien hat in den letzten Jahren einen rasanten Fortschritt erlebt. Nach LCD, LED, OLED und QLED tritt mit der Micro LED eine weitere vielversprechende Technologie auf den Plan. Doch was genau verbirgt sich hinter Micro LED und besteht tatsächlich die Chance, dass wir in den kommenden fünf Jahren in unseren Wohnzimmern und an unseren Schreibtischen überwiegend auf Micro-LED-Displays schauen?

Eine Einschätzung auf dem Stand von Ende 2024.

Samsung MicroLED TV aus 2021
Samsung MicroLED TV (© Samsung)

Was ist Micro LED?

Micro-LED-Displays bestehen aus einer Vielzahl winziger, selbstleuchtender Leuchtdioden (LEDs), die direkt in jedem Bildpunkt des Displays integriert sind. Im Gegensatz zu herkömmlichen LCD-Bildschirmen, die auf eine Hintergrundbeleuchtung angewiesen sind, oder OLEDs, bei denen organische Materialien als lichtemittierende Schicht dienen, verwenden Micro-LEDs anorganische Halbleitermaterialien (meist Galliumnitrid), um Licht zu erzeugen. Dadurch kombiniert die Technologie einige der besten Eigenschaften vorhandener Technologien:

  1. Hohe Helligkeit und Kontrast: Jede einzelne Micro-LED kann einzeln gesteuert werden und erreicht extrem hohe Spitzenhelligkeiten, ohne dabei an Farbtreue einzubüßen. Die Schwarzdarstellung ist fast perfekt, da sich einzelne Pixel komplett abschalten lassen, ähnlich wie bei OLEDs.
  2. Lange Lebensdauer: Micro-LEDs sind extrem widerstandsfähig und weisen eine deutlich längere Lebensdauer auf als OLEDs. Die Gefahr des Einbrennens, ein bekanntes Problem bei OLED-Panels, ist bei Micro-LED-Displays praktisch nicht vorhanden.
  3. Hohe Energieeffizienz: Da keine zusätzliche Hintergrundbeleuchtung notwendig ist und die einzelnen Dioden nur so viel Licht erzeugen, wie für das jeweilige Bild erforderlich ist, können Micro-LEDs sehr energieeffizient sein.
  4. Schnelle Reaktionszeiten und hohe Farbgenauigkeit: Ähnlich wie bei OLEDs bieten Micro-LEDs exzellente Reaktionszeiten, was besonders für Gamer oder bei der Wiedergabe schneller Action-Szenen interessant ist. Zudem decken sie einen breiten Farbraum ab.

Herausforderungen für die Marktdurchdringung

Obwohl die Vorteile überzeugend klingen, ist der Weg zur Marktdominanz von Micro LED mit einigen Hürden verbunden:

  1. Hohe Produktionskosten und niedrige Ausbeute: Derzeit ist die Herstellung von Micro-LED-Panels extrem komplex. Die Fertigung beinhaltet den Transfer von Millionen winziger LED-Chips auf ein Substrat, was hohe Präzision und aufwendige Verfahren erfordert. Dies führt zu sehr hohen Produktionskosten und niedrigen Stückzahlen im Vergleich zur etablierten OLED- und LCD-Fertigung.
  2. Mangelnde Skalierbarkeit für Massenmärkte: Derzeit wird Micro LED vor allem in sehr teuren, großformatigen Premium-TVs oder in professionellen Displays eingesetzt. Eine großflächige Verfügbarkeit von Desktop-Monitoren oder preiswerten Fernsehern ist auf absehbare Zeit nicht zu erwarten, da die Skalierung auf Massenproduktion noch nicht gelöst ist.
  3. Konkurrenz durch weiterentwickelte OLED- und QLED-Technologien: OLEDs werden immer besser und günstiger. Gleichzeitig arbeiten Hersteller an Mini-LED-Hintergrundbeleuchtungen sowie an QD-OLEDs, um Helligkeit und Kontrast stetig zu verbessern. Auch Micro LED ist nicht alleine auf der Innovationsbühne.

Hohe Produktionskosten und niedrige Ausbeute

Eines der größten Hindernisse für die breite Einführung von Micro LED im TV- und Monitor-Markt ist der aufwendige Herstellungsprozess. Die Fertigung von Micro-LED-Panels erfordert das präzise Transferieren und Platzieren von Millionen mikroskopisch kleinen LED-Chips auf ein Substrat. Dieser komplexe Prozess ist mit mehreren Schwierigkeiten verbunden:

  • Extrem präzise Fertigungsschritte: Jeder LED-Chip muss exakt ausgerichtet, kontaktfähig gemacht und fixiert werden. Schon geringste Abweichungen können zu defekten Pixeln oder ungleichmäßiger Ausleuchtung führen.
  • Hohe Ausschussraten: Durch den komplizierten Herstellungsprozess steigt die Wahrscheinlichkeit, dass bestimmte Pixel oder ganze Teile des Panels nicht den Qualitätsstandards entsprechen. Dies führt zu einem hohen Ausschussanteil (Yield), was wiederum die Produktionskosten in die Höhe treibt.
  • Teure Fertigungsanlagen: Die notwendige Spezialausrüstung, um Micro-LED-Panels im großen Stil herzustellen, ist kostenintensiv. Die Industrie befindet sich noch in einer Phase, in der die entsprechenden Maschinen und Prozesse optimiert werden. Erst wenn hier Skaleneffekte greifen und Verfahren verfeinert werden, kann mit sinkenden Kosten gerechnet werden.

Infolge dieser Faktoren liegen die Preise für Micro-LED-Displays derzeit weit über denen etablierter Technologien. Hochwertige OLED-Fernseher oder LED-basierte TVs sind im Vergleich deutlich günstiger, was Micro LED noch als Luxusprodukt in Nischenmärkten verharren lässt.

Das wirkt sich auf die Kosten aus, hier eine kleine Zusammenstellung nach unserer Recherche.

Modelljahr Modell Diagonale Preis (ca.) Verfügbarkeit
2021 Micro LED 99 99 Zoll 129.999 € Europa, begrenzt
2021 Micro LED 110 110 Zoll 149.999 € Europa, begrenzt
2022 Micro LED 89 89 Zoll 74.000 € (in Südkorea) Südkorea, vereinzelt
2023 Micro LED 101 101 Zoll 130.000 US-Dollar International, begrenzt
2023 Micro LED 114 114 Zoll 150.000 US-Dollar International, begrenzt

Diese Übersicht zeigt, dass Samsung derzeit hauptsächlich große und hochpreisige Micro-LED-Modelle für ein exklusives Marktsegment anbietet. Kleinere oder erschwinglichere Optionen sind bisher nicht verfügbar.

Mangelnde Skalierbarkeit für Massenmärkte

Ein weiteres Problem ist die fehlende Skalierbarkeit. Während OLED- oder LCD-Panels relativ standardisierte Produktionslinien und gefestigte Lieferketten aufweisen, steht Micro LED noch am Anfang einer Skalierung in den Massenmarkt.

  • Fehlende automatisierte Prozesse: Die meisten Produktionsschritte für Micro LED sind derzeit nur bedingt automatisiert und erfordern komplexe und zeitintensive Verfahren. Eine gleichbleibend hohe Qualität bei hohen Stückzahlen zu garantieren, ist schwierig.
  • Standardisierung und Kompatibilität: Um Micro-LED-Panels in großer Zahl herzustellen, bedarf es einheitlicher Standards und harmonisierter Komponenten. Doch die Technologie ist noch nicht weit genug gereift, um etwaige Normen zu setzen, die von der gesamten Industrie akzeptiert werden.
  • Lieferkette und Materialverfügbarkeit: Die Verfügbarkeit der notwendigen Materialien, von Halbleitern bis hin zu speziellen Transfersubstraten, ist begrenzt. Zulieferer müssen ihre Kapazitäten erst aufbauen, was den Marktpreis hoch hält und eine zügige Verbreitung verzögert.

Bis diese Herausforderungen überwunden sind, ist es unwahrscheinlich, dass Micro LED in mittleren oder gar unteren Preissegmenten Fuß fassen kann. Damit bleibt die Technologie zunächst eine Option für High-End-Displays, professionelle Anwendungen oder sehr wohlhabende Konsumentengruppen.

Konkurrenz durch weiterentwickelte OLED- und QLED-Technologien

Zuletzt steht Micro LED nicht im technologischen Vakuum. Parallel werden andere Displaytechnologien kontinuierlich verbessert und weiterentwickelt, was die Wettbewerbssituation verschärft.

  • OLED wird günstiger und besser: OLED-Displays, einst ebenfalls ein Premiumprodukt, haben in den letzten Jahren einen deutlichen Preisverfall erlebt und verbessern kontinuierlich Kontrast, Farbraum und Helligkeit. Neue Hybride wie QD-OLED kombinieren dabei die Vorteile von Quantum Dots mit organischen Leuchtdioden, was zu noch besseren Bildern führt.
  • Mini-LED und Micro-LED als Hintergrundbeleuchtung: LCD-Displays mit Mini-LED-Backlight bieten bereits deutlich bessere Kontraste, höhere Spitzenhelligkeiten und tiefere Schwarztöne als herkömmliche LED-LCDs. Dadurch schließen auch konventionellere Displaytechnologien qualitativ auf, ohne die extrem aufwändige Fertigung der Micro-LED-Pixel selbst.
  • Markenbekanntheit und Marketing: OLED ist inzwischen ein etablierter Begriff, der für hervorragende Bildqualität steht. Hersteller und Händler haben in den vergangenen Jahren stark in Marketing und Kundenaufklärung investiert. Micro LED hingegen ist noch relativ unbekannt und muss sich zunächst ein Markenimage erarbeiten.

Diese Konkurrenzsituation führt dazu, dass Micro LED nicht nur gegen höhere Produktionskosten und Skalierungsprobleme, sondern auch gegen bereits bestehende, fortschrittliche Alternativen ankämpfen muss. Solange Micro LED nicht einen deutlichen Preis- und Qualitätsvorteil bietet, wird es schwierig sein, OLED oder Mini-LED-verbesserte LCDs vom Markt zu verdrängen.

Samsung MicroLED im Wohnzimmer
Samsung MicroLED im Wohnzimmer: große Diagonale, aufgrund der noch schlechten Miniaturisierung (© Samsung)

Prognose für die nächsten 5 Jahre

Hypothese: Obwohl Micro LED das Potenzial hat, langfristig OLED und LCD in vielen Bereichen abzulösen, wird es in den kommenden fünf Jahren wahrscheinlich nicht zum dominierenden Standard für Mainstream-TVs und Monitore werden. Warum denn?

  • Kosten und Produktion: In den nächsten fünf Jahren ist kaum damit zu rechnen, dass die Fertigungskosten für Micro-LED-Panels so weit sinken, dass sie mit OLEDs und LCDs preislich konkurrieren können. OLED-Preise fallen stetig und Mini-LED-Backlights machen LCDs hochwertiger, was den Preisdruck erhöht.
  • Technische Reife: Die Technologie ist zwar schon auf dem Markt, aber vor allem im High-End-Segment. Der Massenmarkt benötigt kostengünstige, stabile Produktionsprozesse, die derzeit noch in der Entwicklung sind.
  • Allmählicher Übergang: Selbst wenn die Produktion effizienter wird, sind Verbraucher bei Neuanschaffungen von Displays meist preissensitiv. Es ist realistisch, dass Micro-LED-Modelle zunächst als Luxus-Option am Markt bleiben und erst in etwa fünf bis zehn Jahren in ein mittleres Preissegment vordringen.

Das heißt jedoch nicht, dass Micro LED chancenlos wäre. Im professionellen Bereich (etwa bei hochwertigen Präsentationswänden, Studio- oder Krankenhaus-Displays) kann Micro LED bereits in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen, da hier Preis und Aufwand oft zugunsten von höchster Qualität und Zuverlässigkeit in den Hintergrund treten. Ebenfalls denkbar ist, dass Nischenanwendungen wie sehr hochauflösende VR- oder AR-Headsets zuerst von Micro LED profitieren.

Fazit

Micro LED ist zweifellos eine der spannendsten Bildschirmtechnologien und vereint viele Vorzüge aktueller Displays in einer potenziell überlegenen Lösung. Die kommenden Jahre werden jedoch zeigen, ob und wie schnell sich die Kosten und Produktionsprozesse verbessern lassen. Wahrscheinlich wird Micro LED in den nächsten fünf Jahren kein neuer Mainstream-Standard für Fernseh- oder PC-Bildschirme, sondern vorerst ein Prestigeprodukt für den High-End-Sektor bleiben. Eine stärkere Etablierung ist jedoch mittelfristig nicht ausgeschlossen, wenn die technische Entwicklung und Massenfertigung weiter voranschreiten.

Unsere Quellen für die Einschätzung

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